Das Universum im Atem Brahmās – Eine vedische Zeitrechnung
Die vedische Kosmologie beschreibt das Universum nicht als eine einmalige Schöpfung, sondern als einen zyklischen Prozess von Entstehen, Bestehen und Vergehen. Diese kosmischen Zeitzyklen sind unvorstellbar groß und übersteigen das, was moderne Physik als Alter des Universums beschreibt. Während Wissenschaftler das Universum auf etwa 13,8 Milliarden Jahre datieren, sind dies in der vedischen Perspektive nur wenige Stunden eines weit größeren, zyklischen Geschehens.
Die Zeitstruktur des Universums
Um die vedische Zeitrechnung zu verstehen, müssen wir die Hierarchie der Zyklen begreifen, in denen das Universum existiert:
1. Die Zeitrechnung eines Brahmā
Brahmā ist die höchste Wesenheit innerhalb eines Universums, die durch Viṣṇus Energie manifestiert wird und für die sekundäre Schöpfung verantwortlich ist. Sein Leben erstreckt sich über 100 Brahmā-Jahre, wobei jedes Jahr aus 360 Brahmā-Tagen besteht. Ein einzelner Brahmā-Tag – ein sogenannter Kalpa – dauert 4,32 Milliarden Jahre.
Die Gesamtdauer eines Brahmā-Lebens ist also:
100 \times 360 \times 4,32 \text{ Milliarden Jahre} = 311,04 \text{ Billionen Jahre}
2. Der aktuelle Stand in Brahmās Leben
Laut den vedischen Schriften befinden wir uns derzeit im 51. Jahr Brahmās. Die ersten 50 Brahmā-Jahre sind bereits vergangen, was bedeutet, dass das Universum bereits 77,76 Billionen Jahre existiert hat.
3. Der gegenwärtige Tag Brahmās
Jeder Brahmā-Tag (Kalpa) ist in 14 Manvantaras unterteilt, von denen jeder 308,57 Millionen Jahre dauert. Wir befinden uns im 7. Manvantara des aktuellen Tages Brahmās, genannt Vaivasvata-Manvantara.
Jedes Manvantara wiederum besteht aus 71 Mahā-Yugas, und jedes Mahā-Yuga dauert 4,32 Millionen Jahre. Jedes Mahā-Yuga setzt sich aus vier Yugas zusammen:
- Satya Yuga (Goldenes Zeitalter) – 1,728 Millionen Jahre
- Tretā Yuga – 1,296 Millionen Jahre
- Dvāpara Yuga – 864.000 Jahre
- Kali Yuga – 432.000 Jahre (in dem wir uns jetzt befinden)
Derzeit sind 27 Mahā-Yugas dieses Manvantaras vergangen, und wir befinden uns im Kali-Yuga des 28. Mahā-Yuga. Vom Kali-Yuga selbst sind bereits etwa 5.000 Jahre vergangen, sodass noch 427.000 Jahre verbleiben, bis das nächste Satya-Yuga beginnt.
Der Zyklus der Universen – Brahmās Atem
Das Universum entsteht, wenn Mahā-Viṣṇu ausatmet, und es vergeht, wenn er wieder einatmet. Diese universalen Zyklen sind unendlich:
- Beim Ausatmen Viṣṇus treten unzählige Universen aus seinen Poren hervor.
- Innerhalb jedes Universums wird ein Brahmā geboren, der die Welten gestaltet.
- Nach 311,04 Billionen Jahren wird das gesamte Universum wieder in Viṣṇu aufgelöst.
- Beim nächsten Ausatmen beginnt der Prozess erneut.
Die Schöpfung ist also nicht linear, sondern zyklisch, ähnlich einem kosmischen Tag-Nacht-Rhythmus.
Vergleich mit der modernen Wissenschaft
Die moderne Kosmologie betrachtet das Universum als etwa 13,8 Milliarden Jahre alt, basierend auf der Expansion des Kosmos seit dem Urknall. Wenn man diese Zeit mit der vedischen Zeitrechnung vergleicht, entspricht dies etwa 3,2 Brahmā-Tagen. Unser Universum befindet sich also noch in den frühen Morgenstunden des aktuellen Schöpfungstages Brahmās.
Während die Wissenschaft das Universum als endlich betrachtet, beschreibt die vedische Kosmologie einen endlosen Zyklus von Schöpfung und Auflösung. In diesem Modell ist das, was wir als "Urknall" bezeichnen, lediglich eine Phase im ewigen Atem Gottes.
Die spirituelle Perspektive
Die materielle Welt ist vergänglich und befindet sich in ständigem Wandel. Die vedischen Schriften lehren jedoch, dass jenseits dieser zyklischen Schöpfungen eine ewige, unveränderliche Wirklichkeit existiert: Vaikuntha, Goloka Vrindavan, die transzendentale Welt, in der Gott und seine reinen Geweihten verweilen.
Während Brahmā vergeht und neue Universen geboren werden, bleibt die spirituelle Realität unberührt. Die höchste Erkenntnis der vedischen Weisheit liegt nicht nur im Verständnis dieser gewaltigen Zeitzyklen, sondern in der Erkenntnis, dass wahres Glück und ewige Existenz nur in der transzendenten Wirklichkeit zu finden sind – jenseits von Raum, Zeit und Materie.
Fazit
- Das Universum befindet sich im 51. Jahr Brahmās und existiert seit 77,76 Billionen Jahren.
- Wir leben im Śvetavārāha-Kalpa, im 7. Manvantara, im Kali-Yuga des 28. Mahā-Yuga.
- Das Universum ist zyklisch – nach 311,04 Billionen Jahren endet es, um später wiedergeboren zu werden.
- Unzählige Universen existieren parallel, erschaffen durch den Atem Mahā-Viṣṇus.
- Die spirituelle Welt ist jenseits dieses Kreislaufs und bietet die einzige wahre Zuflucht.
Wer sich auf diesen ewigen Aspekt der Realität ausrichtet, kann sich aus dem Kreislauf der Wiedergeburt befreien und den ewigen Bereich betreten, in dem weder Zeit noch Auflösung existieren – ein Zustand reiner Bhakti und göttlicher Glückseligkeit.